Der umstrittene türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan kann am Samstag ungehindert in Köln sprechen. Der Widerstand aus der deutschen Politik wurde aufgegeben, nachdem eine Überprüfung ergeben hatte, dass der Austragungsort – die Lanxess-Arena – weit genug von den Kölner U-Stadtbahn-Baustellen entfernt ist. Damit ist die Sicherheit gewährleistet und der erwartende tobende Applaus wird nicht zu gefährlichen Erdbewegungen führen.
Beim Bau der Kölner U-Stadtbahn war es bereits zu mehreren schweren Zwischenfällen gekommen. 2009 etwa brach Erdreich in die Baugrube am Waidmarkt ein, woraufhin das Historische Archiv der Stadt Köln und zwei angrenzende Gebäude in den Krater abrutschten und zerstört wurden. Es waren zwei Tote zu beklagen.
Erdoğan wird am Samstag offiziell zum zehnjährigen Bestehen der Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD) sprechen. Kritiker gehen davon aus, dass Erdoğan vor allem Wahlkampf machen wolle. Erdoğan bewirbt sich um das Amt des türkischen Staatspräsidenten. Als Ministerpräsident kann er nicht mehr kandidieren, da die Verfassung ihm keine weitere Amtszeit erlaubt. Die in Deutschland lebenden Türken dürfen erstmals an den Wahlen teilnehmen, ohne in die Türkei reisen zu müssen. Damit erreicht Erdoğan in Köln eine wichtige Wählerschaft.
Nach dem schweren Grubenunglück im türkischen Soma, bei dem 301 Kumpel ums Leben kamen, hatte Erdoğan für eine gewaltige Empörung gesorgt. Er hatte das Unglück mit den Worten „Arbeitsunfälle ereignen sich überall in der Welt“ heruntergespielt und zeigte keinerlei Mitgefühl. Zuvor war bekannt geworden, dass Erdoğans AKP erst drei Wochen vor dem Unfall sich gegen bessere Sicherheitsstandards in den berüchtigten türkischen Kohlebergwerken ausgesprochen hatte.